Essig für Anfänger

Essig für Anfänger

Erstversuch: italienische Uno-Litro-Weinkaraffen – befüllt mit verschiedenen Weinen zwecks Gewinnung von  Erfahrung

Jene Ansätze, die nicht verdarben, setzten wie ersichtlich recht dicke Essigmuttern an, die am Ende gar nicht so leicht aus der Karaffe zu entfernen waren…

Was tun mit halbleeren Weinflaschen? B. hat je eine alte Bügelflasche im Kühlschrank, eine für Weiss-, eine für Rotweinreste, die er als Kochwein aufbraucht. So weit, so gut, solange die Mengen überschaubar sind.

Nun fallen aber in fast jedem Keller gelegentlich Weine an, die schlicht vergessen gingen. Die sind dann überaltert und schmecken nicht mehr – schade um das oft wertvolle Material. Bei mir ist eine ganze Serie 2000er Chardonnay sherrisiert (= oxydiert), denn Kunststoffkorken sind langfristig nicht luftdicht. Der Sherry – entdeckt 2014 – ist übrigens wunderbar geworden!

Für solche Weinreste und -altbestände  bietet sich die Essigherstellung an. Denn Sherryessig ist doch was ganz anders als ein billiger Allerweltsessig von Aldi- Lidl-Billa-Migos-Coop & Co.

Merke: Korkwein gibt Korkessig – hier bleibt nur der Ausguss, um den Wein loszuwerden. Angeblich spürt man Kork in einer Sauce nicht, sagen manche, im Essig hingegen schon.

Grundsätzlich ist die Essiggärung heikler als die Alkoholgärung, denn jeder zuckerhältige Beerensaft aus Trauben, Kirschen, Himbeeren, … beginnt früher oder später zu gären und wird zu Alkohol. Der entstandene Wein kann dann im Gaumen gut oder schlecht schmecken, aber die Gärung per se läuft immer.

Nicht so bei Essig:

Die Temperatur sollte 28° bis 30° betragen – da bieten sich die Sommermonate an, oder die Aufbereitung im Heizkeller. B. hat seine Kulturen schon mal im Computerraum aufgestellt, und nutzt so die EDV-Abwärme. Allerdings zeigt die Erfahrung: es funktioniert es auch mit etwas weniger, einfach langsamer – manche sagen sogar, der langsam gegorene Essig sei geschmacklich besser.

Verdünnung: Die Flüssigkeit darf nur 10% Alkohol enthalten, daher müssen die oft bis zu 15%igen Weine mit 50% rund Wasser aufgeschwemmt werden, also auf 2 Flaschen Wein 1 (leere Wein-)Flasche Wasser beigeben. Stark geschwefelte Weine werden u.U. auch nach Verdünnung nie zu Essig…

Ein Jahr später: bessere Ausrüstung, 3,5 Liter-“Getränkespender”.
Preiswert zu kaufen im Gastronomiehandel.

Durchsichtige Gefässe empfehlen sich zur Beobachtung der Entwicklung.

Die Lufttzufuhr ist von oben gewährleistet, durch Haushaltpapier mit Gummiring

Der Zapfhahn erlaubt eine langsame regelmässige Entnahme – und dank laufender Befüllung des Gefässes von oben eine kontinuierliche Produktion.

Lebensmittelechte Plastic-Kanister etc. gehen auch, doch kann am Ende die gross gewordene Essigmutter meist nur unter Zerstörung des Gefässes entnommen werden…

Essigbakterien vertragen nur Weine mit wenig Schwefel, sonst sterben sie ab. Ob und wie stark ein Wein geschwefelt ist, ist meist nicht bekannt. Die erwähnte Verdünnung mit Wasser hilft – ausser in Extremfällen.

Luftzufuhr: Essig benötigt zur Entstehung Sauerstoff. Geringe Belüftung genügt, aber ohne diese geht gar nichts.

Kahmhefe: Wenn statt der Essigbakterien schädliche Hefen eindringen, bildet sich ein hässlicher, übelriechender Belag auf der Flüssigkeit, dann muss der ganze Ansatz entsorgt werden. Da wie oben gesagt Luftzufuhr nötig ist, muss diese gefiltert sein; ein Wattebausch auf der Öffnung ist gut.  B. verwendet Haushaltpapier ab der Rolle und ein Gummi-Ringlein, bis jetzt mit Erfolg.

Daher: immer mit einer kleinen Kultur beginnen, Essigmutter zugeben, bis zu 14 Tage warten – erst dann mehr Weinzugabe riskieren, wenn sich eine schöne junge Essigmutter obenauf gebildet hat. Ist die Essigmutter mal da, ziehen die Kahmhefen den Kürzeren.

 

Woher die Essigmutter: von Freunden (wie z.B. von B.) oder via Versandhandel im Internet. Meine allererste Kultur wollte ewig lange nicht starten – da war die teuer gekaufte Mutter wohl schon tot angekommen. Erst die zweite war gut. Am besten kontinuierlich produzieren, dann hat man immer seine eigene Essigmutter. Ohne Essigmutter: da kann der Zufall helfen – ausser die Kahmhefen sind rascher zur Stelle.

Essigmutter muss schwimmen. Die Mutter ist ein festes Material, von der Konsistenz her mit einer harten Sülze zu vergleichen. Kann geschnitten und weiterverteilt werden. Leider saufen die Dinger aber ab, wenn man mal herumgepantscht hat. B. schneidet einen Korkzapfen in 4 kurze Zylinder, verbindet diese mit Zahnstochern zu einem Quadrat und schafft so ein Schwimmkonstrukt, mit dem die Mutter verwachsen kann.

Essigmutter aus der Nähe.
Zum Grössenvergleich ein Kochlöffel

Dauer des Vorganges: je nach Temperatur – einige Wochen. Länger schadet nicht. Dank dem Zapfhahn am Behältnis kann man jederzeit eine Probe nehmen.
Abfüllung in Flaschen: durch ein Sieb Typ Melittafilter. Allfällige Schlieren aus Essigbakterien, die sich in der Flasche bilden, sind ein unschädliches Zeichen des Naturproduktes – gelten sogar als gesund, also keine Panik. In einer essigsauren Umgebung gedeihen keine Bakterien, drum konserviert man ja mit Essig, z.B. Essiggurken.

Die Essigmutter neigt bei Bewegung usw. zum Abtauchen, ist daher auf Korkgerüst gelagert
Patent für B. ist  angemeldet…

Hier die dynamsich schwimmende Mutter.
In Rotwein angesetzt  würde sie natürlich weinrot.

Die Essigmutter bildet beim Umtopfen, Aufgiessen usw. Schichten. Hier ist die oberste Schicht abgelöst –
so ideal geeignet für den Ansatz einer neuen Kultur.

Vorsicht

Essigherstellung kann zur Sucht werden. Ist aber harmlos für die Leber. Herstellung im grösseren Masstab ist hier beschrieben.

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